Pantograph-Stickerei Bürkler

 

Produktionsbetrieb – kein Museum

 

Haben Sie das gewusst? Wir haben ganz in unserer Nähe den letzten aktiven Sticker von Gossau. Dies war früher ein bedeutender Wirtschaftszweig mit vielen Familienbetrieben in der Geschichte unserer Gemeinde. Noch heute sieht man bei manchen älteren Häusern den Anbau für die einst zahlreichen Stickmaschinen. So auch bei der Häusergruppe in der Schönau an der Bischofszellerstrasse 91a.

 

Hans Bürkler(*1931) produziert mit seiner bereits neunzigjährigen 10-Yard*) Pantograph-Stickmaschine (Adolph Saurer, 1911) noch immer wunderschöne Stickereien. Die Mitglieder unseres Quartiervereins hatten am 31. Januar 2001 nun die einmalige Gelegenheit, ihm bei seiner Arbeit zuzuschauen und seinen Erklärungen über die Arbeitsabläufe zu folgen.

 

Mit Genuss und berechtigtem Stolz erzählt Hans Bürkler (20 Jahre jünger als seine Maschine) Historisches und Anekdoten. Die Maschine hatte sein Vater anno 1911 angeschafft. Seither ist sie im Dienst, nur während des 2. Weltkrieges war sie verwaist, da sein Vater zum Landdienst eingezogen wurde. In den Siebzigerjahren wurde die Stickmaschine revidiert.

 

Schon als zweijähriger Bub durfte Hans Bürkler seinem Vater bei der interessanten Arbeit zuschauen. Ein damals abgetrennter Finger zeugt noch von jener Zeit, trotzdem liess ihn das Stickereihandwerk nie los. Nach der Sekundarschule erlernte er es. In den ersten zwei Tagen seiner Lehre wurde er mit einem wichtigen Element an der Stickmaschine vertraut gemacht: dem Rhythmus.

 

Noch heute arbeitet Hans Bürkler selbstverständlich 8 Stunden am Tag nicht an, sondern «mit» seiner Maschine. Seine Professionalität zeigt sich dann, wenn er den Pantograph konzentriert mit sicherer Hand ohne Kulisse oder anderem Hilfsmittel an der 6-fach vergrösserten Stickvorlage exakt führt und sich auch von den vielen Zuschauern nicht ablenken lässt. Herr Bürkler verfügt trotz seinen 70 Jahren über sagenhaft gute Augen, denn eine Brille benötigt er für das Lesen der komplexen Muster nicht. Es ist Kunsthandwerk die Stiche so zu setzen, dass die Stickereien beim späteren Wegätzen des Trägermaterials (Seidengaze) mit Lauge nicht zerfallen. Mit der Schnelligkeit eines modernen Stickautomaten kann und will er sich nicht messen, dafür könne er, da langsamer, feinere Baumwollfäden für die zarten Appenzellerstickereien verarbeiten. Das Verhältnis zu seiner Maschine ist echt persönlich. Wenn Nadeln zu Bruch gehen, könne man ihn schon mal im oberen Stockwerk mit den einzelnen Nadeln «heilanden» hören, so seine Nichte. Hans Bürkler muss in seinem Fach ein Meister sein, denn seine Begeisterung und Liebe zu seinem Beruf ist zu spüren.

 

Ob klein oder gross (ca. 10 Jugendliche und 20 Erwachsene aus dem Rosenau-Quartier), dieser Besuch bleibt ein eindrückliches Erlebnis. Alle Besucher bedanken sich bei Herrn Hans Bürkler für seine Bereitschaft zur Besichtigung seines Betriebes und für die interessant gestaltete Vorführung seiner Tätigkeit und wünschen ihm noch viele befriedigende Stunden an seiner Maschine.

 

(Text und Fotos: W. Vorburger)
*) 1 Yard (engl. Längenmass) = 3 Fuss = 36 Zoll = 0.9144m


Stickerei Bürkler (Foto 9.1.2001 WV)
Hans Bürkler (Foto 31.1.2001 WV)
Hans Bürkler (Foto 31.1.2001 WV)
Appenzeller Stickerei (Foto 31.1.2001 WV)
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